Ich lerne gerade, nein eigentlich schon seit Jahren, Marimbaphon zu spielen. Vom ersten Augenblick an habe ich die Töne geliebt, die ich darauf anschlagen kann. Nun finde ich meine eigenen Melodien. Winzig kleine Miniaturen. Keine Minute lang. Hören, wieder spielen, noch einmal hören, so lange, bis sich etwas heraus geschält hat, was für mich Musik ist. Keine Literatur spielen wir, keine festen Abläufe, ich übe, meine eigene Musik zu machen. Ich habe noch nie etwas gelernt, was so schwierig ist und so schön zugleich.
Hannah Arendt, das wisst ihr längst, beschreibt uns Menschen als Anfängerinnen und Anfänger in der Welt. Dem Anfangen wohnt, so glaube ich, dieser Moment ein, den ich in der Musik so deutlich spüre: das Hören und Lauschen, das Achten und Öffnen, bevor ich anfange, so als würde ich antworten auf etwas, was schon da ist, aber in meiner eigenen Sprache.Bei jedem Atemzug ist das so, glaube ich. Weil doch vor dem Atemholen schon das Geschenk war „atmendes Wesen“ zu sein, wie es am Anfang der Bibel steht, ist mein Holen und Atmen eine kleine Antwort. Meine ganz eigene.
Für mich werden diese kleinen Anfänge immer wichtiger. Was nun so intime Erfahrung sein kann ist zugleich, jedenfalls für Hannah Arendt, das Prinzip der Weltgestaltung. In die Welt kommt ein Neuanfang mit jedem neuen Menschen. Ich habe diesen Gedanken sehr gern, und weil meine Welt oft und meist die Kirchenwelt ist, mir gerade vorgestellt, darin, wo immer sich „Kirche“ versammelt, käme es auf jeden einzelnen Neuanfang an, auf jede neue Melodie, die mit diesen Menschen in die Kirchenräume kommt. Eine Kirche, ein Gottesdienst voller Anfängerinnen. Da stockte mir der Atem. Ginge das überhaupt?