Seit ich in Zürich in den Kreis 5 gezogen bin, muss ich jetzt oft an ihm vorbei. Dieses Monument liegt gleich um die Ecke vom Turbinenplatz, unmittelbar am Hotel Rennaissance. Innen hohl, von aussen unbesteigbar, ein riesiger Stein, ohne grosse Erklärungen mitten in der Stadtlandschaft. Ich suche im Netz und finde nur Kommentare von anderen, die auch rätseln. Was macht dieser Koloss in diesem Quartier, wo Neu- und Umbau sich die Hand geben, Zwischennutzung und New Buisness den Stil bestimmen, Menschen schön oder noch ein bisschen schöner sind und überhaupt meistens alles ziemlich im Fluss? Dieser riesige Flusskiesel bleibt. Mag ich ihn? Nein. eher habe ich Lust, dran zu treten.
Der Stein, so finde ich heraus, ist Konzept, realisiert durch die Mobimo AG. No Problem Sculpture heisst er, der Künstler Not Vital hat ihn gemacht. Sein Umfang ist so gross wie der Mobimo-Turm neben ihm hoch ist, 81 Meter. Zu ihm gibt es ausserdem ein Pendant, in Niger wurde ein Brunnen gegraben, 81 Meter tief. Mit diesem Kunstwerk wird Verbindung hergestellt, zwischen Kreis 5 in Zürich, und Afrika. OMIBOM hat der Künstler den Brunnen genannt. Nur wenig Sand vom Brunnenaushub ist in im Koloss versteckt. Eine Hinweistafel suche ich vergeblich.
Mich macht dieser Stein vor allem betroffen. Vielleicht, weil zu lesen ist, dass zwar der Koloss von der Firma finanziert wurde, der Brunnen aber durch Spenden zustande kam. War der Brunnen nicht im Sinne derer, die den öffentlichen Raum hier gestalten wollten? Ich weiss es nicht. Noch mehr beschäftigt mich der leise Groll, der mir zuflüstert, dass es doch möglich sein muss, Verbundenheit anders herzustellen, den Gegensatz zwischen erster und dritter Welt deutlicher, nicht so verborgen, so im Inneren versteckt zur Sprache zu bringen. No Problem ist eigentlich ein Monument für einen Konflikt mitten in meinem Lebensraum. Hätte man das nicht deutlicher sagen können? Dezent, versteckt, hässlich und ohne jeden schriftlichen Hinweis am Monument bleibt, wofür dieses Kunstwerk eigentlich stehen will.
Der Stein ist eine Bildstörung in meinem Lebensraum. Was fange ich damit an? Eine spirituelle Übung, die ich in den letzten Jahren immer öfter gemacht habe, ist es, auf der Strasse Zeit zu verbringen. Ohne Geld in der Tasche, mit wachen Augen und wachem Herz. Und zu schauen, genau wahr zu nehmen. Ich gehe jetzt manchmal hin zu „No Problem“ und sitze da. Manchmal denke ich an die, die in Afrika leben und schau auch die anderen an, die hier vorbei hasten.
Der Stein behauptet, wir sind verbunden. Ich hätte lieber eine andere Form, die mich daran erinnert. Es ist, als wäre Zürich schon jetzt dabei, auch diese Erinnerung verschwinden zu lassen. Zum Glück gibt es diesen hässlichen Stein. Auch wenn ich manchmal dran treten möchte.